WALTER BRUNO BRIX – „mapping the body“

Walter B. Brix

Fadenzeichnungen und Objekte

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Ausstellungseröffnung: Freitag, 10. September 2010 von 17 bis 23 Uhr

Finissage: 10. Okt. von 15 bis 19 Uhr

geöffnet donnerstags von 15 bis 20 Uhr und nach Vereinbarung

Während der offenen Ateliers:

Fr. 24.09. von 17 bis 20 Uhr (Brix bei der Arbeit),

Sa. 25./So. 26.09. von 14 bis 20 Uhr

Walter Bruno Brix: mapping the body

Eine Landkarte des Körpers erstellen – im westlichen Kulturkreis wahrscheinlich eine eher  seltsame Vorstellung. Die traditionelle chinesische Philosophie hingegen kennt body-maps, Körper-Landkarten, die den Fluss der Lebenskraft Chi durch den menschlichen Körper veranschaulichen.

Die body-maps von Walter B. Brix dienen nicht diesem Zweck. Seine Karten lehnen sich an westliche Vorstellungen einer Landkarte an und bedienen sich ihrer Chiffren und stilisierten Ästhetik. Vor dem geistigen Auge des kundigen Kartenlesers formen sich die abstrakten Linien und Punkte zu Landschaften oder Städten, blaue Linien werden zu Flüssen, schwarze  zu Straßen oder Eisenbahnen und so weiter. Je nachdem, wie Karten gedeutet werden, entstehen in jedem Betrachter völlig unterschiedliche Bilder. So auch bei den body-maps von Walter Bruno Brix. Die Umrisse und wenigen Binnenlinien sind mit einem dünnen Garn in feinen roten Linien gestickt oder genäht, begleitet von zart aquarellierten grünen Schatten. Wie Städte, Landschaften, Länder oder Flüsse sind Körperteile mit ihren in schwarzen Großbuchstaben ebenfalls gestickten Namen versehen, Namen, die in der sparsamen Zeichnung Orientierung geben.

Seine Karten zeigen weder ein vollständiges noch ein zusammenhängendes Bild eines Menschen. Die Körper der jungen und unübersehbar muskulösen Männer, die stehen, liegen oder hocken, verteilen sich auf fünf bis sechs quadratische Ausschnitte, sind sozusagen zersplittert, aufgeteilt, zerlegt. Diese Ausschnitte ergeben jedoch kein Ganzes; die einzelnen Karten überschneiden sich manchmal, manchmal nicht, Körperteile fehlen, die Anschlüsse passen nicht exakt zusammen – ein aus Kartenwerken oder Atlanten altbekanntes Prinzip. Jeder Betrachter entwirft in und für sich einen anderen Körper, lenkt seinen Blick auf Bekanntes, sucht Orientierung, ergänzt Fehlendes – schafft sich in einem spannenden Prozess des Erschließens einen eigenen, ganz individuellen Mann.

In vielen seiner Arbeiten zitiert Brix bekannte Werke der westlichen Kunstgeschichte. Jedoch reduziert er seine „Vorbilder“, die meist erkennbar bleiben, auf das in seinen Augen Wesentliche oder seiner jeweiligen künstlerischen Intention dienliche. Überwiegend verzichtet er dabei auf jegliche Schattierungen, bleibt ganz in der unmodulierten Fläche, umreißt in wenigen Linien seine Motive ohne sich in Details zu verlieren.

Hier wird der Einfluss der ostasiatischen Kunst auf das Werk von Brix unmittelbar deutlich. Das Arbeiten mit Chiffren und die linear verkürzten Motive sind seit Jahrtausenden gepflegte Grundprinzipien in der ostasiatischen Malerei und Zeichenkunst. Brix gelingt es, diese spezifischen Qualitäten auf traditionell westliche Motive zu übertragen und diese somit in einem neuen Licht, unter neuen Perspektiven zu zeigen. Seine Werke bleiben dabei stets „westliche“ zeitgenössische Kunst, sie wirken nicht japanisch oder chinesisch.

In seinen Papierarbeiten, von denen einige ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind, fällt ebenso die Bevorzugung der Linie vor der Fläche auf. Und diese Linien dienen Brix oft dazu, die Wahrnehmung des Betrachters zu verwirren. In der Serie „mirrored“beispielsweise werden die Motive, junge Männer, axial gespiegelt und übereinander geschoben. Daher ist kaum möglich, den einzelnen Körper wahrzunehmen. Immer schieben sich durch die Spiegelung neu entstehende Formen in den Blick des Betrachters.

Für zusätzliche Irritationen sorgt in jedem Bild  ein orangefarbener Farbfleck, der völlig unabhängig von der  Zeichnung ist. Diese abstrakten Formen können beispielsweise als Blüte wahrgenommen werden oder als Saftfleck. Sie dienen dazu, die Ebene des Papiers, auf dem sich die Zeichnung befindet, in den Fokus des Betrachters zu rücken.

Auch bei den Zeichungen der Serie „men at home“ verwendet Brix Aquarellfarbe. Hier betont die Farbe  die Körperlichkeit der gezeigten Männer ohne jedoch Körper zu modellieren. Die Farbe erinnert zwar an Haut, aber die Fläche bleibt abstrakt. Brix verwendet hier als Vorbilder Fotos von Männern, die sich mit Gegenständen oder in einer Umgebung präsentieren, die sie mit Stolz als ihren Besitz markieren. In den teilweise deutlich erotisch aufgeladenen Momente nach dem Motto „Mein Auto, meine Muskeln, mein Schwanz“ ist jedoch fast immer eine innerliche Einsamkeit der Dargestellten zu spüren. Ein männliches Dilemma wird sichtbar. Eine für männlich gehaltene Coolness steht der Sehnsucht nach zärtlicher, liebender Berührung gegenüber.